Unpopular Opinion: Dieses Gejammer wegen der Kapitalertragsteuer/Abgeltungssteuer geht mir mächtig auf den Keks und spricht einfach nur von Entitlement

Ich habe momentan das Gefühl, dass hier ein Katzenjammer ohne Ende veranstaltet wird. Leute, euer Geld wird insbesondere bei Dividenden extra besteuert, weil ihr Geld aus Unternehmen zieht, was die ansonsten zwangsläufig wieder investieren würden. Was mich besonders nervt, wenn die Steuer damals auf 30% gesenkt(!) worden wäre, dann hätte heute niemand irgendein Problem. Es ist einfach immer ein Geschrei, obwohl 50% effektive Steuer (und das ist schon die Argumentationslinie, die Kapitalertrag und Unternehmensteuer zusammenwirft) für Einkommen, welches euer Geld für euch erarbeitet (Freibetrag nicht eingerechnet) eig. schon ein mega Deal ist. (Insbesondere im Vergleich zu Arbeitsabgaben mit Sozialabgaben eingerechnet.) Ihr habt keinerlei Bezug zu einer ”Fairness“, ihr seht nur ”Steuern hoch = schlecht, Steuern runter = gut“. Selbst wenn es in diesem Fall stimmen würde (tut es mMn nicht) kann so doch keine mündige Meinungsbildung erfolgen! Am Ende muss das Geld irgendwoher kommen und während ich zwar selber andere Steuerreformen bevorzuge und dass man durchaus Freibeträge erhöhen sollte, ist es doch schön, wenn mal da angesetzt wird, wo Vermögen sind statt dauernd effektive Belastung von Arbeit zu erhöhen. (Wo auch Justierungen geplant sind, aber es geht mir ja über die Beschwerden um genau diese Steuer hier.)

Und bevor das jetzt wieder kommt: alle sagen immer alle wir hätten ein Ausgabenproblem, dabei ist unsere Infrastruktur marode, unser Militär nicht einsatzbereit, unsere Schulen&Kitas überfüllt, unsere Bildung bereits stark eingeschnitten, unser Wohnungsbau unzureichend, unsere energetische Umstrukturierung und Energieinfrastruktur noch immer unzureichend ausgebaut und unsere Digitalisierung+Netzausbau rückständig. Was man an Verschwendung tatsächlich einsparen könnte sind peanuts im Vergleich (und kein System wo Menschen involviert sind wird jemals wirklich effizient sein). Selbst mit strengen Sparmaßnahmen müssten wir trotzdem unsere Investitionen erhöhen, was die Paradoxie dieses Vorwurfs nur weiter bestärkt. Ein zivilisierter Staat verschlingt Geld wie nichts. Das sind diese ”harten Fakten“, die alle immer wollen. Dieses Entitlement, als würde euch der Staat nichts angehen und als würden wir nicht alle schon unser Leben lang von jedem Euro den wir da reininvestieren profitieren, kotzt mich maßlos an. Da wird hier gejammert, dass der Staat an den Gewinnen, aber nicht an den Verlusten beteiligt ist, obwohl wir sogar Ausgleichstöpfe und Freibeträge haben. Oder es wird ganz groß herausgestellt, wie gemein es doch sei, dass die effektive Abgabenlast bei Dividenden ja praktisch so hoch sei, wie für Arbeitnehmer. (Muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!) Lasst uns uns doch bitte mal am Riemen reißen und froh sein, dass wir Geld haben um Kapitalerträge zu erwirtschaften, die den Freibetrag übersteigen.

Ich bin für Steuerreformen, ich bin für die Entlastung von Arbeitnehmern, ich bin ein extremer Befürworter von Freibeträgen und deren Erhöhung (für Arbeit UND Kapitalerträge.) Aber ich bin auch Realist, es muss an Vermögen gehen oder wir leben auf mehr Pump als unser Wachstum ausgleicht oder wir lassen das mit dem Wachstum für Einsparungen bleiben. Eine dieser Sachen. Das Pauschalgejammer hier hilft jedenfalls nicht weiter und ist mMn komplett unangebracht. Man kann es definitiv besser machen, aber nicht indem man es sein lässt.